Tomáš Pospíšek's Notizblock

Traeumen

Als ich letzthin im Zug mit geschlossenen Augen zu meditieren versuchte fiel mir auf, dass Träumen und somit Einschlafen etwas komplet fliessendes ist.

Man macht die Augen zu und es tauchen Sachen auf. Ein Unterschied zum Wachsein scheint, dass sich die Aufmerksamkeit nicht nur permanent an die Sachen, die da auftauchen bindet und äussere Eindrücke unbemerkt ausgeblendet werden, sondern auch dass ein Mechanismus deaktiviert wird, welcher normalerweise zwischen realen, d.h. von den äusseren Sinnen kommenden und von innen kommenden Eindrücken unterscheidet. D.h. beim Einschlafen "bemerkt" man nicht, dass die eigene Aufmerksamkeit sich auf etwas richtet, das nicht real ist. Und da man es nicht bemerkt, "wacht" man auch nicht "auf".

Beim Tagträumen nimmt man die äusseren Eindrücke nach wie vor, aber sehr unterdrückt wahr. Ausserdem funktioniert im Hintergrund immer noch ein Vor-Filter Mechanismus, welcher "starke" oder "relevante" äussere Eindrücke bei Bedarf bis zur Aufmerksamkeit, bzw. zur Wahrnehmung vordringen lässt.

Wir haben also die Mechanismen:

Es macht also den Eindruck, dass "Träume" fortwährend in uns am aufkeimen sind, bzw. uns allgegenwärtig begleiten, aber dass diese im Wachzustand zu Gunsten von äusseren Wahrnehmungen unterdrückt werden.

Somit wäre der Traum- im Vergleich zum Wachzustand nur eine unterschiedliche Reglereinstellung der zwei oben beschriebenen Mechanismen.

Interessant ist, dass Denken auch ein Zustand ist, bei welchem sich die Aufmerksamkeit auf Inneres und nicht auf Äusseres richtet.

Denken und Wahrnehmen können gleichzeitig ablaufen, wobei hohe Ansprüche an die Wahrnehmung dem Denken tendenziel den Saft abdrehen und umgekehrt. Es scheint also sowas wie eine kognitive Kapazität zu geben, welche recht fein auf Denken und Wahrnehmen aufgeteilt werden kann.

Der Traum scheint reine Wahrnehmung zu sein; Denken bzw. Reflexion ist im Traum meistens nicht vorhanden.

Das Denken bzw. die Selbst-Reflexion scheinen auch mit dem oben genannten Realitätsdetektor eng gekoppelt zu sein. "Bemerken" und "Denken" scheinen eng verwand.

Denken ist ein aktives, geführtes inneres Wahrnehmen und Träumen ein passives.

Es wäre interessant zu sehen, wie diese verschiedenen Mechanismen an physiologische Variablen gebunden sind, wie z.B. Serotoninspiegel etc.

Mit Ausnahme des Denkens wirken die erwähnten Mechanismen und Tätigkeiten unbewusst. Die Wirkung dieser Mechanismen geht von subtil bis dramatisch. Man kann sich vorstellen, dass auch schon eine minimale Veränderung der Gleichgewichte einem Menschen erhebliche Probleme bereiten kann. Wenn z.B. der "Realitätsdetektor" nicht so stark arbeitet, dann wird ein Mensch Mühe haben sich im Alltag zurechtzufinden, weil er Probleme damit haben wird zu unterscheiden, was aus seiner Vorstellung und was von seinen äusseren Wahrnehmungen kommt.

Tomáš Pospíšek, 2012-02-28

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